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habitat

ein Raumprojekt

„Ein Raum, so eingerichtet, um in ihm problemlos wohnen zu können – und doch befindet er sich am Grenzgrad zur Öffentlichkeit, spielt mit dieser Grenze, lotet sie aus. Er versammelt wohl persönliche Erinnerungen, bei näherer Betrachtung fehlt diesen aber die Sprache des Intimen. Fotografien, zu erzählenden Bildfolgen kombiniert, sind in Alben, Büchern und im Verbund mit alltäglichen Objekten vorzufinden. Ein Zusammenklang von Dokument und Fiktion entsteht, der Grenzen verwischen lässt zwischen objektiv Erlebtem und subjektiv Erfahrenem.
Der Besucher des habitats hat die Möglichkeit, diesen Raum selbständig zu erkunden, in ihm zu verweilen, solange er möchte. Die Bilder, die er vorfindet, handeln von möglichen Lebensräumen und von den Menschen in ihnen. Eine poetische Bildsprache wird den Besucher in Erzählungen einspinnen, die ihm fremd und doch ganz vertraut sind.“

Das habitat konnte über vier Jahre hinweg, von 2013 bis 2017, in Göppingen besucht und bewohnt werden. Eine Vielzahl von Menschen nahm dieses Angebot wahr; des weiteren fanden im habitat Aktionen statt, die eine große öffentliche Resonanz und Beteiligung erfuhren.

Marathon durch das habitat

eine sprachliche Erkundung

anlässlich der 8. Göppinger Kulturnacht

Kathleen Jahn spricht im habitat
19 Uhr: von der Sofaecke zur Garderobe
20 Uhr: von der Garderobe zum Balkon
21 Uhr: vom Balkon zur Kommode
22 Uhr: von der Kommode zum Schreibtisch
23 Uhr: vom Schreibtisch zur Zimmertanne
24 Uhr: von der Zimmertanne zum Klavier

Der Gang von einer Raumecke zur anderen kann zu einer Herausforderung und zur Bewältigung überraschend großer Distanzen werden. Erlebnisse, Erinnerungen und eine Vielzahl unterschiedlichster Orte bevölkern einen Lebensraum und lassen die Wanderung durch ein habitat zu einem anspruchsvollen Marathon werden.

MADE ON TAURIS by Iphigenie

ein Samstagnachmittag im habitat, März 2016

Goethes Iphigenie auf Tauris und das aktuelle Drama der Flüchtenden bildeten die Gesprächsgrundlage dieses Nachmittags: „Abgeschnitten von ihrer Heimat – gefangen auf Tauris – versuchte Iphigenie mit ihrer Lage fertig zu werden, daran arbeitete sie. Iphigenie strickte an ihrer Identität – an ihrer inneren (Menschlichkeit, Vernunft und autonomes Handeln waren ihre Maßstäbe) – sowie an ihrer äußeren.“ Die so entstandenen Kleidungsstücke konnten von den habitat-Besuchern in einer Auktion ersteigert werden. Der Erlös der Auktion (530,-€) kam komplett dem Flüchtlingsprojekt „activists for lesvos“ auf der griechischen Insel Lesbos zu.

Sebastian Reich, Schauspieler am Badischen Staatstheater Karlsruhe und Aktivist auf Lesbos, führte in das Hilfsprojekt ein.

Fotos © Scarlett Wölz

Wohnperformance

Kulturnacht Göppingen, Juni 2015

Zur Kulturnacht fand im habitat eine Wohnperformance statt. Der Raum wurde an diesem Abend zu einer Art Bühne, bewohnt von Akteuren. Die Besucher der Kulturnacht bildeten das ständig wechselnde Publikum. In drei WG-Schichten entstand ein spannendes tableau vivant des Wohnens.

Einige Arbeiten des habitats widmeten sich in experimenteller Form Textpassagen bekannter literarischer Werke wie Goethes Iphigenie auf Tauris, Die Besteigung des Mont Ventoux von Petrarca, Picknick am Wegesrand von Boris und Arkadi Strugatzki und z.B. Pchenz von Abram Terz:

„Ein Außerirdischer in Pflanzengestalt landet in den 50er Jahren in Moskau und will „normal“ sein oder zumindest, indem er sich schnürt, als Buckliger durchgehen. Sein Hoffen auf Unauffälligkeit und Integration wird aufgrund fehlender gesellschaftlicher Toleranz vereitelt. Der Außerirdische Pchenz endet in unlösbaren existentiellen Problemen.“
Die 1957 erschiene Erzählung Pchenz beschreibt im Stil des „Phantastischen Realismus“ ein gesellschaftliches Drama, welches nach wie vor von Aktualität ist. Abram Terz Erzählung, die ich mit Schreibmaschine sieben Mal vervielfältigte und ihr ebenso viele Bildsequenzen aus verschiedensten Lebenswelten zuordnete, wurde hierdurch von mir in sieben zeitgenössischen Versionen neu „geschrieben“.

„Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten …“
Dieses Zitat aus Goethes Iphigenie auf Tauris geht in Dialog mit einer Fotosequenz, die im Süden Spaniens aufgenommen wurde. Sie berichtet von Berührungspunkten zwischen Arbeitsmigration und Tourismus, von einem Ort, an dem sich die Routen von Geflüchteten und Strandurlaubern kreuzen.

Eine Edition beschreibt mögliche Lesarten und Assoziationen in Kombination mit weiteren Arbeiten des habitats:

… in der Sofaecke Iphigenie auf Tauris lesen.

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